27.04.10

Die große Netz-WG

Bin ich nun zu Gast in der großen Netz-WG oder bin ich sogar schon eingezogen? Diese Frage wirft der Vortrag von Prof. Peter Kruse auf der re:publica 2010 auf.



Was einen Digital Visitor von einem Digital Resident unterscheidet, ist demnach eine Wertefrage und ob man dem kulturellen Wert, den das Internet produziert, vertraut. Vielleicht ist sogar Vertrauen das richtige Wort, um diesen Unterschied genauer zu beschreiben. Inwieweit vertraue ich den Vielen, meinen Namen, meine Worte oder sogar meine Fotos oder Videos an? Doch wer sich nicht traut, wird auch nicht Teil dieser von Kruse beschriebenen kritischen Masse sein können, die das Internet erreicht hat, um Politik gestalten zu können.

Und da wird es für mich spannend. Flugblätter verteilen war gestern. Sich über Twitter, website und Blog organisieren ist heute. Für mich war #unibrennt ein sehr schönes Beispiel dafür, wie kampagnenfähig das Netz geworden ist. Nach wie vor haben die Studenten ihren Streik selbst organisiert, doch die Informationsmöglichkeiten sind viel effektiver geworden. Dadurch ist der Protest erst so richtig in Schwung gekommen. Wer mittwitterte, hatte das Gefühl dabeizusein und war motiviert, selbst aktiv zu werden. Und Mobilisierung ist das A und O in der Politik.

"Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären Politik-Verdrossen" stand auf einem Demoplakat der Piratenpartei und beschreibt meiner Meinung nach sehr gut, die Haltung einer Generation, die es offensichtlich satt hat, unterschätzt zu werden. Wer einmal in einer Redaktion gearbeitet oder ein Praktikum gemacht hat, wird sie wohl schon einmal gehört haben: Die Leser-, Hörer- oder Zuschauerbeschimpfung. Ich will nicht leugnen, dass es schon sehr skurrile Briefe und Anrufe dieser Zielgruppenleute gibt, aber ich denke, diese "schwammige" Masse der Leute wird einfach unterschätzt.

Warum also die Angst der Redakteure und Redakteurinnen vorm Zuschauer? Könnte dieser Zuschauer etwa mehr wissen als die Programmmacher und Programmmacherinnen? Und wenn schon, warum fragen sie den Zuschauer nicht einfach, vor allem, wenn es um Politik geht. Doch leider ist es mit Fragen allein nicht getan. Zuhören ist in diesem Fall mindestens genauso wichtig.

Einmal eingezogen in die große Netz-WG, finden dann wohl auch die besten Gespräche in der Küche, sprich auf Twitter, Facebook etc. statt. Fragt sich nur, wer ist dran mit abwaschen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen