29.04.10

Wie wird man zum Bloghasser?

Oder man könnte es auch so umschreiben: "Für einen Arbeitslosentreff sind die hier ganz schön fit in EDV" wie es ein preisgekrönter Offline Tweet bei einer großen Bloggerveranstaltung auf den Punkt brachte.

Selbstkristischer Humor findet sich leider noch zu selten im Netz. Um so mehr freut es mich, wenn mal der steife Xingprofileifer beiseite geschoben wird, und wie bei Kathrin Passigs Die Stufen der Technologiekritik dem Netzbesucher mal in die Gedankenwelt geschaut wird. Was passiert also, wenn klar wird, dass man z.B. an eigener Beteiligung in Blogs, Facebook, Twitter, Foursquare, etc. nicht mehr vorbeikommen kann:

1. Wo zu, zur Hölle, ist das denn jetzt wieder gut?
2. Wer will denn sowas?
3. Die Einzigen, die das Neue wollen, sind zweifelhafte oder privilegierte Minderheiten
4. Na gut, es ist da. Aber vielleicht geht es ja auch einfach wieder weg, wenn man die Augen fest genug zukneift.
5. Täuschen Sie sich nicht, durch (beliebige Erfindung) wird sich absolut nichts ändern
5a. Es handelt sich höchstwahrscheinlich nur um ein schönes Spielzeug
5b. Insbesondere lässt sich mit der neuen Technik kein Geld verdienen
5c. Eine Variante des Nutzlosigkeitsvorwurfs, die sich gegen Kommunikationstechnologien richtet, ist der Einwand, die Beteiligten hätten einander ja gar nichts mitzuteilen
6. Es ist also im Prinzip ganz gut, aber nicht gut genug
7. Die Innovation ist außerdem überkompliziert und anfällig
8. Schwächere als ich können damit nicht umgehen!
9. Hat die neue Technik mit Denken, Schreiben oder Lesen zu tun, dann verändert sie, ganz sicher unsere Denk-, Schreib- und Lesetechniken zum Schlechteren


An diesen Stufen der Technologiekritik orientiert sich wohl auch der Humor dieser Sonnenbrillenträger auf Facebook und auf Twitter. Oder ganz selbstreferenziell gesagt, die Sonnenbrille scheint wohl eine Privacy Einstellung der Nerd-Brille zu sein.

Das heißt aber auch, dass sich doch auch ganz viele Nicht-Nerds und Nicht-Netzchecker im Netz tummeln und das ist doch richtig gut. Ganz normale Leute wie Tante Else kommen dann auch mal zu Wort. Zum Beispiel in einem Blog über Bloghasser. Die Idee dafür ist schlicht, aber brilliant. Satire im Web über das Web, genauer gesagt über diese Blogosphäre. Eine Sphäre, die sich darüber aufregt, bei F.A.Z. net im Artikel über Blogger nicht verlinkt zu werden. Der Humor bleibt dann etwa ungefähr hier stehen:

"Sind also die beiden Welten FAZ-Journalismus und Blogosphäre wirklich so grundverschieden?

Vermutlich guckt der Autor der FAZ-Geschichte gerade bei Rivva nach, wie oft sein Artikel schon von Bloggern und Twitterern verlinkt worden ist."

Das Netz hat mittlerweile die kritische Masse der Vielen erreicht. Tante Else, einige meiner Freunde, ich, wir produzieren alle Content in diesem verrückten Internet. Warum es also nicht auch gelassen angehen und auch mal über sich selbst lachen können? Vielleicht würde das dem einen oder anderen auch schneller zu Stufe 10 der Technologiekritik verhelfen: ach so übel ist das eigentlich gar nicht.

1 Kommentar:

  1. Schöner Text, fühl mich endlich mal verstanden... Gruß vom Bloghasser, der ja tatsächlich eine durchaus differenzierte Sicht auf die Blogosphäre hat.

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