07.12.10

Hartzcore

Achim, Detta und Bettina leben in Kreuzberg. Sie leben von Hartz IV. Sie wollen aber nicht nur rumhängen, sondern etwas tun. Der Dokumentarfilm Hartzcore zeigt wie 1,- Euro Jobber um ein bißchen mehr Lebenswürde kämpfen, um das Gefühl einen ganz normalen Alltag leben zu dürfen. Aufstehen, arbeiten, Feierabend und Wochenende. Ein Leben also, in dem man gebraucht wird, in dem man Anerkennung erfährt, dadurch das man etwas tut. Eigentlich etwas ganz Selbstverständliches sollte man meinen.


Geht es denn wirklich nur um Bewerbungstraining, den ersten Arbeitsmarkt - das klassische Modell von Arbeit? Ist nicht vielmehr das "Gebrauchtwerden", das "einfach etwas tun wollen, um nicht in den Sumpf zu fallen" das eigentliche Problem der Hartz IV Gesetzgebung. Wieso gibt es kein Recht auf Arbeit, wenn Arbeit Freude und Freunde macht? Wir Menschen sind Teil einer Gemeinschaft und als Gemeinschaft hat unsere Spezies das Überleben gelernt. Dann kann also die Förderung der puren Leistung des Einzelnen nicht das einzige Kriterium für einen gesellschaftlichen Konsens sein. Die "Maßnahme", das Wegorganisieren von Freizeit, ist sehr viel mehr als nur Qualifizierung für einen ersten Arbeitsmarkt, den es für Einige de facto nicht gibt. Vielmehr ist die "Maßnahme" die Wiederherstellung eines sozialen Gefüges, das so im Menschen und in seiner Gesellschaft tief verankert ist.

Auf eine sehr feinfühlige, aber auch heitere Weise haben sich die beiden Filmemacher Anthony Lew Shun und Gertrud Schulte Westenberg des Themas genähert, wie auch die taz von der Premiere am 06.12.2010 im Kino Sputnik berichtete. Der Film ist ein ein wenig anders als die üblichen Dokumentationen über Lebenswirklichkeit, denn er zeigt die gefühlte harte politische Realität in einer berührenden Banalität und Leichtigkeit. Ganz nah an den Protagonisten, aber auch ganz nah am Zuschauer.

Hartzcore hat weder einen Verleih, noch ist er auf einem Festival gelaufen oder sonstwo ausgestrahlt worden, auch nicht im Netz. Die Dokumentation ist selber produziert worden, d.h. mit no budget, aus eigener Motivation der Hartz IV Empfänger heraus, die damit auf ihre Wirklichkeit in Kreuzberg, in Berlin aufmerksam machen wollen. Und genau das macht den Charme des Films aus, der etwas andere Blickwinkel.

Am 12.12.2010 um 16 Uhr gibt es eine weitere Vorstellung im Kino Sputnik.

Weitere Informationen: www.hartzcore.com

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